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5 wichtige Unterschiede für das Sehen zwischen multifokalen und EDOF-Linsen

mag. Kristina Mikek, dr. med.

mag. Kristina Mikek, dr. med.
Fachärztin für Augenheilkunde

8103-4 min04. 03. 2025

LinsenTipps

Bei der Operation des Grauen Stars wird die altersbedingt trübe Augenlinse entfernt und durch eine künstliche ersetzt. Intraokularlinsen unterscheiden sich vor allem in ihren optischen Eigenschaften. Es gibt zwei Gruppen sogenannter Premium-Linsen, die bessere optische Eigenschaften haben und daher scharfes Sehen ohne Brille in verschiedenen Entfernungen ermöglichen. Die erste Gruppe sind multifokale Linsen, die zweite Gruppe sind Linsen mit erweiterter Tiefenschärfe (EDOF - Extended Depth of Focus). Die Unterschiede zwischen beiden sind wie folgt:

1. Sehschärfe in verschiedenen Entfernungen

Multifokale Linsen haben mehrere optische Zonen, die scharfes Sehen in die Nähe, mittlere Entfernungen und in die Ferne ermöglichen. Diese Linsen können jedoch ein Gefühl von Blendung verursachen, das besonders nachts auffällig ist. Meist handelt es sich um ein vorübergehendes Problem, das mit der Zeit und der Anpassung des Gehirns an die neue Wahrnehmung (Neuroanpassung) abklingt. Aus meinen Erfahrungen mit der Implantation solcher Linsen bei meinen Angehörigen, darunter mein Vater, meine Schwester und mein Schwager, weiß ich, wie sich das Sehen in den Wochen nach der Operation verändert und wie das Blendungsgefühl innerhalb weniger Monate verschwindet. Die zweite Gruppe, EDOF-Linsen, verursacht keine Blendung, ist jedoch weniger effektiv beim scharfen Sehen in die Nähe ohne Brille. Sie bieten sehr gutes Sehen in die Ferne und mittlere Entfernungen. EDOF-Linsen haben einen gleichmäßigen Übergang zwischen verschiedenen Entfernungen, sind jedoch weniger effektiv für die Nahsich. Sie ermöglichen ein hohes Maß an Unabhängigkeit von Brillen, wobei nur bei sehr kleinen Texten eine Brille mit geringer Dioptrie benötigt wird.

2. Sehen bei schwachem Licht

Das Sehen bei schwachem Licht ist bei EDOF-Linsen kontrastreicher und daher besser als bei multifokalen Linsen. Dies liegt daran, dass die Optik der multifokalen Linsen das Licht auf verschiedene Brennweiten verteilt. Nur ein Teil des Lichts fällt auf die Brennweite, mit der wir scharf sehen können.

3. Abhängigkeit von Brillen für die Nahsicht

Bei multifokalen Linsen ist die Abhängigkeit von Brillen für das Sehen in die Nähe geringer. Das Sehen ist in allen Entfernungen ausgezeichnet, und eine Brille ist auch für kleine Texte nicht nötig. Bei EDOF-Linsen ist das Sehen in die Ferne und in mittlere Entfernungen gut, aber für kleinste Texte und längeres Lesen ist eine Brille mit niedriger Dioptrie nötig. Ich verwende EDOF-Linsen oft bei älteren Menschen, die gerne Auto fahren und die es nicht stört, wenn sie bei langem Lesen eine Brille mit niedriger Dioptrie tragen, etwa +1,0 oder +1,50. Diese Linsen habe ich auch bei der Operation des Grauen Stars bei meiner Mutter verwendet.

4. Anpassung des Sehens im Gehirn (Neuroanpassung)

Die Anpassung an multifokale Linsen erfordert mehr Zeit. Das Sehzentrum gewöhnt sich allmählich daran, das Bild, welches auf den Impulsen aus dem jeweiligen optischen Brennpunkt der Linse basiert, zu verarbeiten. EDOF-Linsen sind einfacher anzupassen, da die Optik dieser Linsen einen kontinuierlichen Übergang ohne getrennte Zonen für verschiedene Entfernungen hat.

5. Unterschiedliche Eignungskriterien der Linsengruppen

Multifokale Linsen sind besser geeignet für diejenigen, die eine vollständige Unabhängigkeit von der Brille wünschen und bereit sind, einige damit verbundene Kompromisse bei der Sehqualität einzugehen. Voraussetzung für diese Linsen ist, dass das Auge gesund ist, ohne krankheitsbedingte Veränderungen an der Netzhaut oder Hornhaut. EDOF-Linsen haben wesentlich weniger Einschränkungen und sind auch bei begleitenden Augenerkrankungen geeignet. Ich empfehle sie gerne älteren Menschen, die bezüglich ihres Sehens weniger anspruchsvoll sind und es sie nicht stört, mit einer Brille zu lesen. Sie gewöhnen sich in der Regel langsamer an Veränderungen, sodass die Operation des Grauen Stars mit diesen Linsen für sie einfacher ist.

6. Vor- und Nachteile von multifokalen und EDOF-Linsen

Welche Wahl für eine Person am besten geeignet ist, hängt von den Bedürfnissen und Erwartungen bezüglich des Sehens nach der Operation ab. Ich finde es wichtig, realistische Erwartungen für die Zufriedenheit mit dem Ergebnis der Operation zu haben. Ich verspreche lieber weniger. Besonders bei Weitsichtigen (Plusdioptrie für die Ferne) betone ich in der Beratung, dass sie nach der Operation eine gute Sehschärfe in die Ferne haben werden, aber nicht die gleiche wie in ihrer Jugend, als sie wegen ihrer Weitsichtigkeit außergewöhnlich gut in die Ferne sehen konnten. Bei Kurzsichtigen (Minusdioptrie für die Ferne) erwähne ich, dass sie mit Veränderungen der Sehschärfe für die Nähe rechnen müssen. Diese ist nach der Operation mit einer multifokalen Linse sehr gut, aber anders als das, was sie gewohnt waren.

Mit Verständnis für die beschriebenen Einschränkungen und realistischen Erwartungen haben mein Patient und ich die besten Voraussetzungen, um uns über die neu gewonnene Sehschärfe nach der Operation des Grauen Stars zu freuen.